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DIE KARRIERE DES BIRNENMOSTS

Maria Theresia hat das Mostviertel in einen Obstgarten verwandelt und damit die Grundlage der heutigen Mostkultur geschaffen. Obst- und vor allem Birnbäume wurden per Dekret ausgepflanzt. Stars der Region wie die Rote Pichelbirne oder die Speckbirne haben dort, im 18. Jahrhundert, ihren Ursprung.

Doch die Karriere des Birnenmosts verlief alles andere als geradlinig. Zuerst erlebte er einen Boom und sorgte dafür, dass die Mostbauern massive Vierkanter in die Landschaft stellten und sich somit kaum trennbar mit dem Boden verbanden. Dann, nach dem Zweiten Weltkrieg, wendete sich das Blatt.

Der Most wurde zum Getränk für arme Leute, die Wirtschaftlichkeit der Birnbaumkultur litt darunter. Allein im Bezirk Amstetten wurde der Bestand durch Rodung, aber auch durch Krankheiten von einer halben Million auf knapp unter 200.000 Bäume reduziert. Kein Zweifel, der Most hatte ein Imageproblem. Innovationen mussten her.

Eine dieser neuen Schienen sind edelsüße Moste. Um sich anzusehen, was in anderen Teilen der Welt in diese Richtung produziert wird, haben sich die Mostviertler Mostbarone (ein Verein zur Erhaltung der Mostkultur) in Frankreich und Kanada umgesehen: mit mittlerweile handfestem Ergebnis.

Vor ein paar Jahren hat ihnen der große Eric Bordelet in der Normandie einen grandiosen, leuchtend orangen "poiré de glace" eingeschenkt. Irgendwie muss es da bei Toni Distelberger gefunkt haben. "Kann ich auch" hat er sich gedacht und vor kurzem seine EIS.BIRNE präsentiert. Ein Birnensüßwein, hergestellt aus dem Saft alter Mostviertler Birnensorten, gefroren in der klirrenden Kälte niederösterreichischer Winternächte. Das Wasser gefriert, der Most konzentriert.

Das Aroma: ein wenig Honig, ein wenig Kletzenbirne. Ein spannender Begleiter für fruchtige Desserts. Toni Distelbergers EIS.BIRNE gibt es ab Hof und im gut sortierten Mostviertler Fachhandel. Ein edelsüßer Birnenwein, der seinesgleichen sucht.

Eine andere Möglichkeit, zauberhafte Süße in einen Obstwein zu bekommen ist, die Hefen daran zu hindern, dass sie ihre Arbeit machen. Beim MOSTELLO aus dem Haus Destillerie Farthofer wird dem gärenden Birnenmost hochprozentiger Alkohol beigemischt. Die Hefen fallen postwendend ins Delirium und hören damit auf, Zucker in Alkohol zu verwandeln. Was bleibt, ist ein stabiles Getränk, das noch ein paar Monate im Barriquefass reifen darf. Der Sherry Andalusiens lässt grüßen.

distelberger.at

destillerie-farthofer.at

Fotos & Text: Jürgen Schmücking; Adaption Web: Claudia Zawadil

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